Innergemeinschaftlicher Erwerb
Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft soll der Austausch von Waren zwischen den Unternehmen ohne große Behinderungen möglich sein. Daher einigten sich die Mitgliedsstaaten der EU auf besondere Regelungen der Besteuerung von Umsätzen. Im deutschen Umsatzsteuergesetz (UStG) ist definiert, dass ein innergemeinschaftlicher Erwerb der deutschen Umsatzsteuer unterliegt.
Laut Paragraph 1a Abs. (2) des UStG gilt als innergemeinschaftlicher Erwerb das „Verbringen eines Gegenstands des Unternehmens aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet in das Inland durch einen Unternehmer zu seiner Verfügung“. Lässt du dir als Unternehmer also Waren aus einem EU-Land nach Deutschland liefern, so liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor.
Voraussetzungen für den innergemeinschaftlichen Erwerb
Wenn du Waren von einem Unternehmen aus Deutschland erwirbst, so muss der Verkäufer darauf Umsatzsteuer abführen. Kaufst du dagegen im Ausland ein, entgeht dem deutschen Staat diese Steuer. Als Ausgleich erhebt er dann eine Einfuhrumsatzsteuer, manchmal zusätzlich auch Zoll. Um die Bürokratie innerhalb der Europäischen Union einzudämmen, entfällt bei einem innergemeinschaftlichen Erwerb diese Einfuhrumsatzsteuer. Allerdings ist die Umsatzsteuer bei der deutschen Steuererklärung mit zu berücksichtigen. Das ergibt sich auch aus dem Paragraph 3d UStG (Ort des innergemeinschaftliches Erwerbs) – der Umsatz wird in dem Land erwirkt, in dem sich der Gegenstand am Ende der Beförderung befindet.
Dafür müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Erwerber muss ein Unternehmer sein und den Gegenstand auch für seinen Betrieb einkaufen.
- Der Käufer ist eine juristische Person, die nicht Unternehmer ist (eine Gesellschaft, eine Organisation, ein Verein) oder die den Gegenstand nicht für das Unternehmen erwirbt.
- Die Lieferung erfolgt gegen Entgelt.
- Es liegt keine Sonderregelung für eine Steuerbefreiung vor (z.B. Kleinunternehmerregelung)
Die Regelung der Umsatzsteuer
Der innergemeinschaftliche Erwerb unterliegt der deutschen Umsatzsteuer. Entsprechend der derzeitigen Gesetze handelt es dich dabei um den Regelsteuersatz von 19 Prozent oder dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Im Formular für die Umsatzsteuervoranmeldung sind solche Umsätze in Zeile 33 (steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe zum Steuersatz von 19 Prozent) bzw. Zeile 34 (steuerpflichtige innergemeinschaftliche Erwerbe zum Steuersatz von 7 Prozent) anzugeben. Diese Steuer musst du berechnen und abzuführen.
Bemessungsgrundlage und Vorsteuerabzug
Als Bemessungsgrundlage gilt das Entgelt für den Erwerb – also der Betrag, der auf der Rechnung oder auf einem anderen Kaufbeleg ausgewiesen ist. Als Unternehmen steht dir für diesen Betrag natürlich auch die Vorsteuer zu. Für den innergemeinschaftlichen Erwerb kannst du daher in Zeile 56 (Vorsteuerbeträge aus dem innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen) deiner Voranmeldung genau diesen Steuerbetrag wieder eintragen.
Beispiel zur Bemessungsgrundlage
Lieferung: Maschine aus Frankreich im Wert von 10.000 €
Bewertung als innergemeinschaftlicher Erwerb: 10.000 €
Anzumeldende Umsatzsteuer 19 Prozent: 1.900 €
Anrechenbare Vorsteuer 19 Prozent: 1.900 €
Da es zu den Prinzipien der ordnungsgemäßen Buchführung in Deutschland gehört, dass Umsätze und Kosten nicht saldiert werden dürfen, musst du beide Steuerbeträge separat ausweisen. Ein gleichzeitiges „Gegenrechnen“ ist nicht erlaubt.
Ausnahmen aus dem Umsatzsteuergesetz
Jedoch muss nicht jeder Steuerpflichtige die Umsatzsteuer für die innergemeinschaftlichen Erwerbe abführen. Gestattet sind laut UStG folgende Ausnahmen:
- Wenn du der Kleinunternehmerregelung unterliegst und daher keine Umsatzsteuer ausweist und auch keine Vorsteuer ziehst, dann musst du auch den innergemeinschaftlichen Erwerb nicht versteuern.
- Das betrifft auch Land- und Forstwirte, welche die Umsatzsteuer nur pauschal absetzen.
- Ausgenommen sind ebenso Erwerber, die nur steuerfreie Umsätze tätigen, zum Beispiel Vermieter eines Hauses.
Eine Steuerbefreiung gibt es aber nur dann, wenn der jährliche Erwerbsbetrag (Erwerbsschwelle) unter 12.500 Euro liegt.
Diese Erwerbsschwelle gilt nicht immer
Besondere Umsätze nimmt der Gesetzgeber allerdings von der Erwerbsschwelle aus. Egal wie hoch die Umsätze also sind, es fällt immer Umsatzsteuer an. Das betrifft diese Geschäfte:
- Erwerb neuer Fahrzeuge
- Einkauf verbrauchssteuerpflichtiger Waren wie Mineralöl, Tabakwaren, Alkohol und alkoholische Getränke
Unterschied zum innergemeinschaftlichen Verbringen
Die Bewertung der Geschäftsvorfälle im innergemeinschaftlichen Verkehr ist kompliziert. Steuerlich wird außerdem noch zwischen dem innergemeinschaftlichen Erwerb und dem Verbringen unterschieden. Im ersten Fall wird der Gegenstand zur dauerhaften Nutzung und gegen Entgelt in das Inland gebracht. Nach Paragraph 1 Abs. (1) Nr. 5 UStG fällt dafür deutsche Umsatzsteuer an. Ein innergemeinschaftliches Verbringen dagegen bleibt steuerfrei. Typisch für solche Geschäftsvorfälle ist, dass
- der Gegenstand nicht dauerhaft im Inland verbleibt.
- der Erwerb nicht berechnet wird.
- der Gegenstand Teil einer Werklieferung ist.
Beispiel: Innergemeinschaftliches Verbringen
Ein Unternehmen des Maschinen- und Anlagebaus aus den Niederlanden bringt für die Errichtung einer großen Industrieanlage für ein Energieunternehmen einen Kran nach Deutschland. Nach Abschluss der Arbeiten wird dieser wieder zurückbefördert. Die Beförderung des Krans gilt als innergemeinschaftliches Verbringen, es erfolgt keine Lieferung zum endgültigen Verbleib und auch keine Entgeltzahlung.
Wenn die Anlage im Rahmen eines Werkliefervertrages errichtet wird, das niederländische Unternehmen sie also herstellt, die Lieferung sowie die Montage in Deutschland übernimmt und die Leistung insgesamt berechnet, so gilt das ebenfalls nicht als innergemeinschaftlicher Erwerb. Bewertet werden Werkslieferungen gemäß UStG als sonstige Leistungen – der Sachverhalt ist gemäß Paragraph 13b UStG zu versteuern.
Kauft das Energieunternehmen jedoch vom niederländischen Hersteller die Industrieanlage im Wert von 100.000 €, der sie anliefert und auf Kosten des Erwerbers errichtet, liegt ein innergemeinschaftlicher Erwerb vor. Der Erwerber ist ein Unternehmer, der nicht der Kleinunternehmerregelung unterliegt, die Anlage wird dauerhaft in Deutschland verwendet und Entgelt bezahlt.