Was ist das Niederstwertprinzip?
Genauso wie das Höchstwertprinzip gehört auch das Niederstwertprinzip zu den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung. Die ordnungsgemäße Buchführung wird auch nur kurz GoB abgekürzt. Abgeleitet wird es aus dem Vorsichtsprinzip. Vorrangig dient das Niederstwertprinzip der Konkretisierung vom Imparitätsprinzip. Viele Begriffe, welche vielleicht noch relativ unbekannt sind, aber alle spielen bei der Bewertung von Vermögen eine Rolle. Für dich als Unternehmen spielt das Niederstwertprinzip einen wichtigen Bestandteil dar, für deine Berechnungen. Denn es gibt vor, dass bei der Auswahl von unterschiedlichen Vermögenswerten immer der niedrigste Wert in der Bilanz anzusetzen ist. Beim Höchstwertprinzip hingegen ist festgelegt, dass du mit dem höchsten Wert immer deine Verluste bilanzieren musst.
Die gesetzliche Grundlage für das Niederstwertprinzip
Wie du das Niederstwertprinzip anzuwenden hast, wird in den Vorschriften für die Anwendung unter § 523 HGB beschrieben. Dort ist festgelegt, dass ist jedem Fall bei der Bewertung von betrieblichem Vermögen immer der möglichst niedrigste Wert anzuwenden gilt. Betrachtest du das Niederstwertprinzip aus steuerlicher Sicht, so gilt hier die Anwendung von § 6 Abs. 1 EStG. Überdies ist laut § 5 Abs. 1 EStG das Niederstwertprinzip für deine Steuerbilanz entscheidend, wenn du es bereits bei der Handelsbilanz angewendet hast.
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Anwendung vom Niederstwertprinzip
Das Niederstwertprinzip wird immer auf der Grundlage vom Vorsichtsprinzip angewendet. Das bedeutet, dass du Verluste auf dich zukommen siehst, diese aber noch nicht realisiert sind. Mit den Gewinnen verhält es sich genauso. Realisierst du also deine Verluste auf diese Art und Weise, dann mindern sie deinen Jahresgewinn. Das heißt konkret, dass die Gewinnausschüttungen niedriger ausfallen. Für dich hat das Prinzip aber auch den Vorteil, dass du in der Lage bist, deine tatsächlichen Verluste besser zu kompensieren. Durch das Niederstwertprinzip ist es mit deinen Liquiditätsreserven besser bestellt. Außerdem wird dadurch auch der im HGB festgelegte Gläubigerschutz eingehalten.
Unterschiede beim Niederstwertprinzip
Beim Niederstwertprinzip gilt es zwischen drei unterschiedlichen Arten zu unterscheiden.
- gemildertes Niederstwertprinzip
- strenges Niederstwertprinzip
- erweitertes Niederstwertprinzip
Art des Prinzips |
Beschreibung |
Gemildertes Niederstwertprinzip |
Zwei Faktoren sind notwendig, um einen Vermögensgegenstand zu bewerten. Dies sind der Anschaffungswert und der aktuelle Marktwert oder Börsenwert. Beide müssen am jeweiligen Stichtag miteinander verglichen werden. Das Niederstwertprinzip kommt dann zur Anwendung, wenn es sich hier um Gegenstände handelt, welche aus dem Anlagevermögen stammen. Das Prinzip besagt, dass du den Anschaffungswert um die sogenannten planmäßigen Abschreibungen mindern kannst. Dabei liegt es in deinem Ermessensspielraum, wie lange solch ein Gegenstand abgeschrieben wird, also wie lange die Wertminderung andauert. Handelt es sich bei der Wertminderung nur um einen kurzen Zeitraum, kannst du sie, je nach Bedarf, auch komplett außer Acht lassen. Ist die Wertminderung allerdings dauerhaft, dann musst du das strenge Niederstwertprinzip anwenden. |
Strenges Niederstwertprinzip |
Das strenge Niederstwertprinzip ist gültig für das gesamte Umlaufvermögen deines Unternehmens. Das bedeutet, dass selbst bei einer nicht dauerhaften Wertminderung das Niederstwertprinzip anzuwenden ist. Du hast beim strengen Niederstwertprinzip kein Wahlrecht, ob du Abschreibungen vornimmst oder nicht. Für dich ist dieses Vorgehen verbindlich. Die Folge der Anwendung ist ein Wertansatz für alle Vermögensgegenstände aus dem Umlaufvermögen, der niedriger liegt. |
Erweitertes Niederstwertprinzip |
Das erweiterte Niederstwertprinzip beschreibt, dass bei Abschreibungen im Umlaufvermögen zukünftig auftretende Wertschwankungen von dir eingerechnet werden können. Doch diese Regelung kann bzw. darf seit dem Jahr 2009 nach dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz nicht mehr zur Anwendung kommen. |
Unterschied zwischen Anlagevermögen und Umlaufvermögen
Beim Niederstwertprinzip spielen für die Anwendung Anlagevermögen und Umlaufvermögen eine wichtige Rolle. Anlagevermögen und Umlaufvermögen bilden das Gesamtvermögen deines Unternehmens. Doch wo genau liegt eigentlich der Unterschied zwischen den beiden Vermögensarten?
Das Anlagevermögen
Zum Anlagevermögen werden laut § 247 HGB alle Gegenstände gezählt, die dauerhaft deinem Geschäftsbetrieb dienen. Damit sind alle Gegenstände gemeint, die fest im Unternehmen gebunden sind und dauerhaft angelegt sind. Dies können zum Beispiel Maschinen, Grundstücke oder Fahrzeuge sein. Unterschieden wird beim Anlagevermögen zwischen drei Kategorien.
- 1. Kategorie : Immaterielle Vermögensgegenstände wie der Geschäfts- oder Firmenwert, geleistete Anzahlungen, entgeltlich von dir erworbene Lizenzen oder Rechte und auch gewerbliche Schutzrechte, die von dir selbst geschaffen wurden.
- 2. Kategorie: Sachanlagen wie Maschinen und Anlagen, Grundstücke oder die Ausstattung von Betrieb oder Geschäft.
- 3. Kategorie: Finanzanlagen wie Beteiligungen, Anteile an mit deinem Unternehmen verbundenen anderen Unternehmen, Wertpapiere vom Anlagevermögen etc.
Das Umlaufvermögen
Das Umlaufvermögen ist Bestandteil des Gesamtvermögens deines Unternehmens. Der Begriff Umlaufvermögen wird dabei als Sammelbegriff für Vermögensgegenstände verwendet, welche dir nur kurz zu deinem Geschäftsbetrieb dienen. Bei der Rechnungsabgrenzung sind diese Gegenstände nicht als Posten zu betrachten. Zum Umlaufvermögen gehören folgende Gegenstände.
- Wertpapiere und Guthaben bei Banken oder anderen Kreditinstituten
- Schecks und Kassenbestände
- Sonstige Vermögensgegenstände und Forderungen
- Vorräte
Was bedeutet Vorsichtsprinzip?
Wie bereits bei der Definition erwähnt, leitet sich das Niederstwertprinzip aus dem Vorsichtsprinzip ab. Doch was besagt dieses Vorsichtsprinzip? Es gilt im Rahmen der ordnungsgemäßen Buchführung als ein Grundsatz. Daraus wiederum sind vier Bewertungsprinzipien abzuleiten.
- Realisationsprinzip
- Imparitätsprinzip
- Niederstwertprinzip
- Höchstwertprinzip
Das Vorsichtsprinzip ist also ein Grundsatz ist, der übergeordnet ist und sich in der Praxis durch die genannten Unterprinzipien umsetzen lässt.
Prinzip |
Beschreibung |
Realisationsprinzip |
Mit diesem Grundsatz wird vorgeschrieben, dass du Gewinne nur ausweisen kannst, wenn sie bereits zum Stichtag für die Bilanz realisiert sind. Dies kann zum Beispiel durch einen tatsächlichen Verkauf von Vermögensgegenständen der Fall sein. |
Imparitätsprinzip |
Mit diesem Prinzip wird festgelegt, dass drohende Verluste oder nicht realisierte Gewinne jeweils anders zu behandeln sind. Übersetzt bedeutet das Wort Imparität nämlich Ungleichheit. Für dich bedeutet es, dass du Gewinne nicht frühzeitig in deine Bilanz aufnehmen kannst. Hingegen musst du Verluste frühzeitig in der Bilanz aufführen. |
Niederstwertprinzip |
Das Niederstwertprinzip besagt, dass von mindestens zwei Werten immer der niedrigste Wert in die Bilanz aufzunehmen ist. Der Wert muss oder darf genommen werden. Das bedeutet, beim gemilderten Niederstwertprinzip darfst du den niedrigsten Wert verwenden, beim strengen Niederstwertprinzip musst du ihn nehmen. |
Höchstwertprinzip |
Das Höchstwertprinzip ist das genaue Gegenteil vom Niederstwertprinzip. Dieses Prinzip schreibt dir vor, bei Auswahl von mehreren Werten immer den höchsten Wert zu verwenden. |
Das Niederstwertprinzip in der Steuerbilanz
In Bezug auf das Niederstwertprinzip gelten in der Steuerbilanz folgende Regelungen.
Regelungen für das Anlagevermögen
- Ergibt sich wegen einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung ein Teilwert, der niedriger ist als die fortlaufenden Anschaffungskosten oder Herstellungskosten, so kannst du diesen nach § 6 I Nr. 1 S. 2 EStG ansetzen.
- Eine Wertminderung ist dann voraussichtlich andauernd, wenn nach mindestes der Hälfte der Restnutzungsdauer der Teilwert unterhalb vom Restbuchwert liegt.
Regelungen für das Umlaufvermögen
- Ergibt sich wegen einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung ein Teilwert, der niedriger ist, so kannst du diesen ansetzen.
- Eine Wertminderung ist dann voraussichtlich andauernd, wenn diese bis zum Tag der Bilanzerstellung besteht.
Wann ist ein Wertaufholungsgebot notwendig?
Im Rahmen vom Niederstwertprinzip ist auch die Option eines Wertaufholungsgebots zu beachten. Bei diesem Gebot handelt es sich um eine Erhöhung des Buchwertes, der für Vermögensgegenstände gilt, der durch den Wegfall von Gründen für eine vorgenommene außerplanmäßige Abschreibungen entstanden ist. Um ein Wertaufholungsgebot vornehmen zu können, müssen bei dir aber folgende Voraussetzungen gegeben sein.
- Für einen bestimmten Vermögensgegenstand hast du in früheren Perioden Abschreibungen durchgeführt.
- Es liegt ein Entfall von Gründen vor.
- Das Wegfallen der Abschreibungsgründe wurde bekannt.
Fazit
Das Niederstwertprinzip dient dazu, um das Vermögen deines Unternehmens zu bewerten. Für dein Anlagevermögen jedoch, gilt das gemilderte Niederstwertprinzip. Bei diesem besteht für dich eine Wahlmöglichkeit. Für das Umlaufvermögen gilt das strenge Niederstwertprinzip. Hierbei gibt es keine Wahlmöglichkeit. Das heißt, du musst immer den niedrigsten Wert in der Bilanz ansetzen. Seit dem Jahr 2009 und der Reform des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes ist das erweiterte Niederstwertprinzip nicht mehr anwendbar.