Eigenkapitalrentabilität
Die Eigenkapitalrentabilität (abgekürzt: EKR) zählt, besonders für Investorinnen und Investoren beziehungsweise all jene, die Anteile am Unternehmen halten, zu einer der wichtigsten Kennzahlen überhaupt. Wir sehen uns deshalb genauer an, welche wissenswerten Infos es rund um die Eigenkapitalrendite gibt und wie diese zu deuten ist.
Eigenkapitalrentabilität – Definition
Die Eigenkapitalrentabilität gibt die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals an. Sie ergibt sich aus dem Verhältnis von Gewinn und Eigenkapital und wird üblicherweise in Prozent angegeben. Als Rentabilitätskennzahl wird sie gerne zusammen mit anderen Kennzahlen betrachtet, wie etwa mit der Gesamtkapitalrentabilität.
Interpretation der Eigenkapitalrentabilität
Die Rentabilität soll selbstverständlich immer so hoch wie nur möglich sein. Das eingesetzte Eigenkapital ist jenes Kapital, das mit dem größten Risiko behaftet ist. Deshalb ist diese Kapitalform auch am teuersten. Wer also Eigenkapital zur Verfügung stellt, erwartet sich entsprechend des hohen Risikos auch eine gute Verzinsung des eingesetzten Kapitals. Das Mindestmaß einer guten Eigenkapitalrentabilität ist, dass diese Rentabilität höher ist als jene am langfristigen Kapitalmarkt.
Große Bedeutung hat in diesem Zusammenhang auch der Leverage-Effekt, auf den wir in weiterer Folge noch im Detail eingehen werden.
Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass Investorinnen und Investoren durch das Eigenkapital-Investment in ein Unternehmen eine bessere Rendite erzielen müssen, als am sonstigen, langfristigen Kapitalmarkt, sprich wenn sie alternative Investments tätigen würden.
Bedeutung der Kennzahl Eigenkapitalrendite
Die große Bedeutung der Kennzahl kommt daher, als dass sie für die Investorinnen und Investoren besonders wichtig ist. Der Cashflow ist beispielsweise für das Unternehmen selbst von größter Relevanz. Über die Zahlungseingänge und Zahlungsausgänge zeigt sich, ob die Liquidität operativ immer gegeben ist. Aus Sicht der Investorinnen und Investoren hingegen steht im Fokus, welche Verzinsung sie auf das eingesetzte Kapital bekommen. Dieser Wert ergibt sich, wenn der Gewinn in Relation zum Eigenkapital gesetzt wird.
Wie immer bei Kennzahlen gilt, dass verschiedene Kennzahlen betrachtet werden müssen, um ein Gesamtbild des Unternehmens erlangen zu können. Bei der Eigenkapitalrentabilität ist es so, dass sie maßgeblicher Indikator ist um zu erkennen, welche Rendite das Kapitel erzielt.
In einer besonderen Situation sind hier Start-Ups. Sie erzielen womöglich noch keine Gewinne, was auch die Berechnung der Eigenkapitalrendite ad absurdum führt. Hier können stattdessen eher andere Kennzahlen herangezogen werden, etwa die Burn-Rate, also die Kapitalmenge, die pro Monat für den laufenden Betrieb des Unternehmens verbraucht wird.
Berechnung der Eigenkapitalrentabilität – Formel
Die Berechnung der Rendite des Eigenkapitals ist einfach. Du brauchst dazu nur das eingesetzte Eigenkapital und den Gewinn als absolute Zahl. Der Jahresüberschuss wird durch das Eigenkapital dividiert und mit 100 multipliziert, um ein Ergebnis in Prozent zu erlangen.
Eigenkapitalrentabilität Formel:
Eigenkapitalrentabilität (EKR) = Gewinn(Jahresüberschuss) / Eigenkapital x 100
Die Höhe des Eigenkapitals ist der Bilanz zu entnehmen. Der Gewinn wird aus der Gewinn- und Verlustrechnung bezogen und ist typischerweise der Jahresüberschuss nach Steuern. Alternativ dazu könnte auch mit dem EBIT, also den Earning before interest and taxes, gerechnet werden. Diese Variante ist allerdings weniger üblich. Hier sind die Zinsen und Steuern noch nicht abgezogen, bedeutende Zinseffekte können so Berücksichtigung finden.
Sonderfall Einzelunternehmen
Wenn in einem Einzelunternehmen die Eigenkapitalrentabilität berechnet wird und sich der Unternehmensinhaber selbst keinen Lohn ausbezahlt, sondern vom Jahresüberschuss lebt, so ist ein kalkulatorischer Unternehmerlohn anzusetzen. Das ist ein fiktiver Wert, der den Jahresüberschuss so reduziert, als würde der Unternehmer selbst ein Gehalt bekommen. Der Effekt ist, dass so dann ein Jahresüberschuss in der Berechnung verwendet wird, der berücksichtigt, dass der Unternehmer selbst ja Arbeitsleistung einbringt, die, würde sie von anderen Menschen ausgeführt werden, bezahlt werden müsste.
Zielwerte für die Eigenkapitalrentabilität
Einen konkreten Zielwert für eine ideale Eigenkapitalrendite gibt es nicht. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass die Rendite höher sein soll, als jene von langfristigen Kapitalanlagen am sonstigen Kapitalmarkt für langfristige Investments, also etwa, wenn langfristige Anleihen betrachtet oder globale ETFs. Wir gehen deshalb nun näher darauf ein, wie unterschiedliche Renditen aufzufassen sind.
Typischerweise sollte die Eigenkapitalrentabilität bei über 10 Prozent liegen, Werte über 20 Prozent hingegen sind sehr selten – und zu hinterfragen. Warum genau, erklären wir Dir jetzt.
Hohes Ergebnis interpretieren
Grundsätzlich gilt, dass eine hohe Eigenkapitalrendite erstrebenswert ist. Doch ein sehr hoher Wert muss immer näher analysiert werden. Woher kommt er genau, wie ist er entstanden, wie geht es dem Unternehmen insgesamt?
Schließlich könnte es auch sein, dass die hohe Rendite des Eigenkapitals durch eine sehr geringe Eigenkapitalquote hervorgerufen wurde. Das würde bedeuten, dass das Unternehmen wenig Eigenkapital und viel Fremdkapital im Einsatz hat. In diesem Fall kann die Eigenkapitalrendite zwar hoch sein, aber gleichzeitig massive Verschuldung vorliegen. Dementsprechend geht in solchen Situationen die hohe Rendite des Eigenkapitals mit beträchtlichem Risiko einher. Dazu kommt, dass der erzielte Jahresüberschuss wohl oftmals zur Schuldentilgung genutzt werden muss und nicht ausgeschüttet werden kann.
Deshalb ist es besonders wichtig:
- nie die Eigenkapitalrentabilität als isolierten Wert zu betrachten.
- die Eigenkapitalquote, also das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital, messen.
- den zeitlichen Verlauf der Eigenkapitalrendite zu analysieren, um festzustellen, ob die Kennzahl durch einmalige Effekte oder kurzfristige Ereignisse vorübergehend verändert wurde.
Niedriges Ergebnis interpretieren
Eine geringe Eigenkapitalrendite kann verschiedene Gründe haben. Eine Option ist, dass der Jahresüberschuss niedrig ausgefallen ist. Eine andere Möglichkeit ist, dass schlichtweg die Eigenkapitalquote sehr hoch ist. Das sorgt einerseits für finanzielle Stabilität, lässt aber auch negative Rückschlüsse zu. So ist auch zu hinterfragen warum das Unternehmen keine Investitionen tätigt, sondern das Kapital „ungenutzt“ lässt. Ein wachsendes Unternehmen sollte Potential haben, Kapital etwa in Marketing und Vertrieb oder neue Produktionsanlagen zu investieren, statt es ohne Ertrag auf Konten zu bunkern.
Branchentypische Eigenkapitalrenditen
Die Höhe der Rendite ist auch von den Branchen abhängig, denn verschiedene Branchen sind mit unterschiedlicher Kapitalintensität und unterschiedlichen üblichen Fremdkapitalquoten verbunden. Bei Immobilienentwicklern ist etwa oft nur ein geringer Anteil an Eigenkapital im Spiel, der Großteil wird über Kredite finanziert. So ergibt sich rasch eine hohe Eigenkapitalrendite.
Ein anderes Beispiel können traditionelle Mittelstandsunternehmen sein, die großen Wert auf Sicherheit und Kontinuität legen. Hier kann die Eigenkapitalquote höher sein, denn das Sicherheits-Denken ist womöglich wichtiger als schnelles Wachstum. Gleichzeitig sinkt so die Eigenkapitalrentabilität dementsprechend.
Leverage Effekt
Wenn von der Eigenkapitalrentabilität gesprochen wird, kommt auch immer rasch der Leverage Effekt ins Spiel. Dieser Effekt beschreibt die Tatsache, dass durch die zusätzliche Aufnahme von neuem Fremdkapital die Eigenkapitalrendite so lange erhöht werden kann, wie die Kosten des Fremdkapitals niedriger sind als die Rendite des Investments.
Vereinfacht gesagt bedeutet das: Ein Unternehmen nimmt zusätzliches Fremdkapital auf. Die Eigenkapitalquote sinkt also. Gleichzeitig wird das Fremdkapital so investiert, dass die Rendite des Investments höher ist, als die Kosten des Fremdkapitals. Die Gesamtrendite steigt daher – und das Eigenkapital ist dementsprechend rentabler als bisher.
Der Leverage Effekt lässt also zu, dass durch neues Fremdkapital die Verzinsung des Eigenkapitals steigt. Die Kehrseite ist, dass in einem ersten Schritt auch der Verschuldungsgrad dementsprechend nach oben geht. Es ist also ein riskantes Spiel und Unternehmen müssen genau im Auge behalten, bis zu welchem Punkt der Effekt genutzt werden kann, ohne, dass zu große Risiken eingegangen werden.
Kritische Betrachtung der Eigenkapitalrentabilität
Im Zuge dieses Artikels haben wir bereits die Vor- und Nachteile dieser Kennzahl unter die Lupe genommen. Wer die Eigenkapitalrendite kritisch betrachtet, stellt vor allem folgende Punkte fest:
- Eine isolierte Betrachtung der Kennzahl ist nicht aussagekräftig.
- Die Rentabilität muss im Zeitverlauf betrachtet werden – einzelne Jahre können Ausreißer nach oben und unten beinhalten.
- Individuelle Situationen von Unternehmen und Branchen müssen berücksichtigt werden, Pauschalurteile sind nicht möglich.
- Es gibt keinen „richtigen“ Wert oder einen konkreten Zielwert, der als genereller Ideal-Wert ermittelt werden kann.
Zusammenfassung
Die Eigenkapitalrendite ist für Investorinnen und Investoren ein wichtiger Wert, der über Jahre hinweg und gemeinsam mit anderen Kennzahlen betrachtet werden muss. Wichtig ist, das berechnete Ergebnis auch dementsprechend zu interpretieren, um richtige Rückschlüsse ziehen zu können. Besonders relevant ist also:
- Eigenkapitalrendite immer gemeinsam mit anderen Kennzahlen berechnen
- Mehrere Jahre betrachten
- Individuelle Gegebenheiten berücksichtigen
- Sondereffekte beachten und den Leverage Effekt nutzen – doch immer auch das Risiko im Auge behalten
Last but not least solltest du für dein Unternehmen die Rendite nie endlos durch neues Fremdkapital steigern versuchen, sondern immer auch den Verschuldungsgrad beachten.