Optimale Bestellmenge berechnen – die Lösung für minimale Gesamtkosten
„Ab einer Bestellung von 100 Stück erhalten Sie einen Mengenrabatt von 30%“ – Da schlage ich doch gleich zu. Wieso du das lieber lassen solltest und was es mit der optimalen Bestellmenge auf sich hat, erfährst du in diesem Beitrag.
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Was ist die optimale Bestellmenge?
Die optimale Bestellmenge bezeichnet den Punkt, bei dem Lager- und Bezugskosten (Gesamtkosten) minimal sind. Du als Unternehmer wählst bei einem Bestellvorgang folglich die wirtschaftlich günstigste Anzahl bzw. Menge von Produkten oder Rohstoffen.
Die Berechnung dieser Größe bezieht Bestellkosten, Lagerkosten, Mengenrabatte und Jahresabsatz mit ein. Die optimale Bestellmenge ist vom Herstellungs- oder Vertriebsprozess abhängig und kann sich damit von Mal zu Mal oder über eine längere Periode hinweg ändern.
Bestellst du bei Lieferanten Waren, dann werden dir über den Produktpreis hinaus auch Lieferkosten in Rechnung gestellt. Überschreitest du eine bestimmte Bestellmenge, wird dir eventuell ein Rabatt gewährt. Außerdem fallen unsichtbare, indirekte Kosten an, die nicht auf der Rechnung auftauchen.
Beispielsweise das Geld für die Lagerung von Waren oder Rohstoffen, die nicht sofort weiterverarbeitet bzw. verkauft werden. Miete und Strom für die Lagerräume. Aber auch deine Arbeitsstunden, die Produkte im Lager zu verräumen oder das Aufbereiten der Produkt für den Weiterverlauf.
Es lohnt sich also aus vielerlei Gründen, die optimalen Bestellmengen für deine Waren herauszufinden.
Ermittlung der optimalen Bestellmenge
Rechnerische Lösung – in 4 Schritten zur optimalen Bestellmenge
Damit du die optimale Bestellmenge berechnen kannst, musst du Bestellkosten und Lagerkosten kennen. Daraus bildest du die Gesamtkosten. Im letzten Schritt musst du das Minimum der Gesamtkosten ermitteln, denn dann erhältst du die optimale Bestellmenge. Was anfangs einfach klingt, wird jetzt recht kompliziert.
1. Schritt: Bestellkosten berechnen
2. Schritt: Lagerkosten ermitteln
3. Schritt: Minimum der Gesamtkosten
Rot/m – Gesamtmenge = Die Menge des Produkts, welche das Unternehmen in der zu betrachteten Zeitperiode benötigt.
Blau/q – Bestellmenge = Die Menge des Produkts, die das Unternehmen in einem Auftrag bestellt.
Grün/kB – Bestellkosten pro Auftrag = Bestellkosten, die sich pro Auftrag ergeben. Damit das Unternehmen die Gesamtkosten deckt, muss in der betrachteten Zeitperiode z.B. 20 Mal bestellt werden. Pro Bestellung ergeben sich Kosten, diese sind Bestellkosten pro Auftrag. Die gesamten Bestellkosten wären die Bestellkosten pro Auftrag mit 20 multipliziert.
Gelb/w(ik+iph) – Lagerkosten pro Stück = Kosten, die pro gelagerter Einheit anfallen. Sie setzen sich aus dem Wert pro Stück (w) und dem Lagerhaltungskostensatz (i). Diesen berechnest du aus den physischen Lagerkosten (ph) und den Kapitalbindungskosten (k).
4. Schritt: die optimale Bestellmenge nach der Andler Formel berechnen
Jetzt hast du die Formel für die Gesamtkosten. Diese musst du noch ableiten, gleich 0 setzen und nach q umstellen, dann erhältst du folgende Formel zur Bestimmung der optimalen Bestellmenge (Andler Formel):
In diese Formel musst du nur noch die Werte einsetzen und schon hast du die optimale Bestellmenge ermittelt.
Grafische Lösung
Die oben genannte Formel lässt sich (beispielsweise mit Hilfe von Excel) auch grafisch darstellen. Die vertikale Achse stellt die Gesamtkosten dar, also Bestell- und Lagerkosten. Die horizontale Achse zeigt die Menge. Dort, wo die Gesamtkosten am niedrigsten sind, lässt sich die optimale Bestellmenge ablesen.
Tabellarische Lösung
Die tabellarische Lösung ist eine Vorgehensweise, mit der du die optimale Bestellmenge nachvollziehbarer ermitteln kannst. Notiere beispielsweise in Excel alle Kostenarten bei der jeweiligen Bestellmenge und rechne die Gesamtkosten aus. So kannst du visuell die optimale Bestellmenge ermitteln.
Auswirkungen auf gebundenes Kapital (Working Capital) und Liquidität
Als Unternehmer möchtest du dein Kapital so einsetzen, dass du daraus möglichst hohe Erträge erzielst. Gerade in der Gründungsphase ist es besonders wichtig, immer zu wissen, wie viel Kapital vorhanden ist. Mit diesem Kapital begleichst du Rechnungen, kannst Investitionen tätigen oder auf unerwartete Situationen reagieren. Kapital, das nicht liquide ist, das du also nicht sofort einsetzen kannst, wird als gebundenes Kapital oder Kapitalbindung bezeichnet.
Kaufst du im Beschaffungsprozess größere Mengen ein, bindest du in der Regel mehr Geld und verringerst damit deine Liquidität. Jedes Unternehmen braucht eine gewisse Liquidität um Rechnungen und Gehälter zu bezahlen oder Investitionen zu tätigen.
Im Allgemeinen gilt: Je größer die Bestellmenge, desto
- höher die Lagerkosten
- höher das gebundene Kapital im Lager
- geringer die Lagerumschlagshäufigkeit
- seltener wird bestellt
- geringer sind Transport- und Verpackungskosten
- höher die Mengenrabatte
- geringer die Liquidität.
Erhältst du aber einen großen Mengenrabatt, der die anderen Kosten übersteigt, wirkt sich eine große Bestellmenge auch positiv auf die Liquidität aus. Bei dieser Betrachtung musst du alle Faktoren mit einbeziehen.
Was bestimmt die Höhe der Bestellmenge?
Folgende Faktoren beeinflussen die optimale Bestellmenge:
Die Kosten, die durch eine Bestellung ausgelöst werden:
Pro Bestellung fallen sowohl interne als auch externe Personalkosten an. In deinem Unternehmen wendet jemand Zeit dafür auf, die Bestellung aufzugeben. Beim Lieferanten muss sie jemand annehmen und verarbeiten. Dies sind in der Regel fixe Kosten für eine Bestellung. Sie fallen unabhängig von der Bestellmenge an. Schließlich ist es für den administrativen Bestellvorgang egal, ob du 1 oder 1000 in ein Bestellformular eintippst. Außerdem fallen Lieferkosten an. Diese können von der Bestellmenge, dem Volumen oder Gewicht abhängen. Sie sind oft sprungfix. Das heißt, dass Tarife in Intervallen definiert werden. Zum Beispiel Lieferungen bis zu zwei Kilogramm, von zwei bis fünf Kilogramm, von fünf bis zehn Kilogramm und so weiter.
Merke: Je höher die Kosten, die durch eine Bestellung ausgelöst werden, umso größer die optimale Bestellmenge.
Die Art der Finanzierung des Lagerbestands:
Du musst den Kaufpreis für deine Bestellung an den Lieferanten entrichten. Leihst du das Geld für diese Rechnung von der Bank, kommen Zinsen auf. Bezahlst du die Rechnung von deinem Eigenkapital, musst du überlegen, welche anderen gewinnbringenden Alternativen, dein Geld zu verwenden, dir entgehen.
Merke: Je höher die Kosten für die Finanzierung, umso geringer die optimale Bestellmenge.
Die Lagerhaltung:
Waren vorzuhalten, kostet Geld. Du brauchst ein Gebäude, Regale, eventuell Behälter und Fahrzeuge wie Gabelstapler. Nicht zuletzt wendest du für das Personal, das ein- und auslagert und die Bestände pflegt, Kosten auf.
Merke: Je höher die Kosten für Lagerhaltung pro Einheit, umso geringer die optimale Bestellmenge.
Der Jahresabsatz:
Wenn du von einem Produkt viel absetzt, musst du davon logischerweise auch viel bestellen. Dies bedeutet auch, dass die Lagerdauer für ein häufig verkauftes Produkt auch bei großer Bestellmenge noch gering sein wird. Der Absatz kann sich jedoch saisonal verändern. Daher empfiehlt es sich, bei Produkten mit unregelmäßigem Absatzmuster – zum Beispiel bei Hochsaison im Sommer oder vor Weihnachten – die optimale Bestellmenge je nach Phase anzupassen.
Im Allgemeinen gilt: Je größer der Jahresabsatz für ein Produkt, umso größer die optimale Bestellmenge.
Die Lieferdauer:
Es macht einen großen Unterschied für den Bestellzeitpunkt, ob du dein Gut per Seefracht aus Fernost bestellst oder mit Schnellkurier aus Deutschland. Die Lieferdauer ist ausschlaggebend dafür, wann du deine Bestellung abschickst. Während du erneut bestellen musst, obwohl die letzte Lieferung möglicherweise noch gar nicht aus China angekommen ist, kannst du dir beim nahen Lieferanten Zeit lassen, bis dein Lager fast leer ist.
Merke: Je länger die Lieferdauer, umso früher der Bestellzeitpunkt.
Einkaufspreise und Mengenrabatte:
Bei Massenprodukten erlebst du möglicherweise eine Preisgestaltung, die dich mit Rabatten belohnt, wenn du eine große Menge bestellst. Das heißt, der Einkaufspreis pro Stück für 10.000 Seiten Kopierpapier ist vielleicht 20% billiger als für 1.000 Seiten. Dieser Faktor darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern immer im Zusammenhang mit anderen Faktoren.
Merke: Je geringer der Einkaufspreis, umso höher die optimale Bestellmenge.
Da alle diese Aspekte in die Bestimmung der optimalen Bestellmenge eingehen, kannst du sie nicht isoliert betrachten. Änderst du nur einen Faktor in einem Kalkulationsmodell, kannst du die Auswirkung auf das Ergebnis für die optimale Bestellmenge einfach nachvollziehen.
Abgrenzung zur optimalen Losgröße
Die optimale Bestellmenge bezeichnet die Anzahl an Waren oder Materialien, die du bei einem externen Lieferanten beziehst. Hier wird von Fremdbeschaffung gesprochen. In einem größeren Betrieb, zum Beispiel ein Produktionsunternehmen, kannst du auch eine andere Abteilung als internen Lieferanten definieren. Diese Abteilung liefert beispielsweise Halbfertigwaren in die Werkstatt, die sie fertig bearbeitet.
Innerhalb der Produktion wird hingegen oft von der optimalen Losgröße gesprochen. Hier geht es darum zu bestimmen, wie groß die Anzahl der herzustellenden Waren in einem Batch oder in einem „Los“ ist. Stellst du in deinem Unternehmen beispielsweise Getränke mit verschiedenen Geschmacksrichtungen her, empfiehlt es sich, die optimale Losgröße zu berechnen. Die Kombination aus Absatz pro Zeitraum, Lagerkosten und Kosten für das Umrüsten der Maschine ergibt die ideale Losgröße für das Getränk mit Himbeergeschmack. Hast du davon die passende Menge erreicht, stellst du deine Maschine so ein, dass sie Rhabarbergeschmack herstellen kann. Die optimale Losgröße muss für das Rhabarbergetränk nicht die gleiche sein wie für das Himbeergetränk. Dies gilt auch für die optimale Bestellmenge: Die richtige Anzahl zur Bestellung von Kopierpapier ist eine andere als die optimale Bestellmenge für Mehl in einer Bäckerei.
Qualitätsaspekte und Nachhaltigkeit bei der optimalen Bestellmenge
Zusätzlich zur rein wirtschaftlichen Betrachtung sind in modernen Unternehmen auch Qualitätsaspekte und Faktoren für Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Oft geht die Optimierung der Transportkosten über die Bestellmenge Hand in Hand mit umweltgerechtem Versand. Das heißt, dass der günstigste Transport oft auch der CO2-schonendste ist. Was allerdings die Menge angeht, verlocken Volumenrabatte oft zum Einkauf größerer Mengen als unmittelbar benötigt. Dadurch kann ein Überschuss entstehen und daraus resultieren finanzielle Kosten sowie eine Umweltbelastung. Denn die ungenutzte Ware oder Rohstoffe müssen entsorgt werden.
Bei Bestellung in der Massenproduktion werden auch Qualitätsaspekte immer wichtiger. Die Globalisierung führt zu stark verschärftem Wettbewerb. Das bedeutet, dass Hersteller ständig bestrebt sind, bei so vielen Faktoren wie möglich Kosten zu sparen, um im Preiswettbewerb konkurrieren zu können. Qualität kann in diesem Prozess an Bedeutung verlieren. Der Ausschuss steigt und die Weiterverarbeitung wird riskanter. Dies wirkt sich wiederum bei dir als Abnehmer aus. Bestimmst du die optimale Bestellmenge für deine Produktionsprozesse und Lager, solltest du immer auf Qualität und Nachhaltigkeit achten.
Fazit: Die optimale Bestellmenge finden
Die hier aufgezeigten Methoden zur Bestimmung der optimalen Bestellmenge geben dir den theoretischen Hintergrund, um eigene Entscheidungen bei der Beschaffung in deinem Unternehmen treffen zu können. Nun kommt es auf dich an: Nutze den wirtschaftswissenschaftlichen Hintergrund als Richtlinie, um deinen eigenen Weg zu finden. In deinem Betrieb wird es über die bekannten Größen hinaus noch andere Faktoren geben, die deine optimale Bestellmenge beeinflussen. Auf jeden Fall stellen die hier vorgestellten Möglichkeiten zur Berechnung einen Rahmen dar, der dir hilft, eine umfassende Betrachtung durchzuführen. Schaffe dir einen Überblick über deine Prozesse und deine Situation und finde für dich die richtige Vorgehensweise zur Bestimmung der optimalen Bestellmenge.